ISO 37001 Anti-Korruptionsmanagementsystem: Compliance und Integrität als Geschäftsstrategie
In einer Zeit zunehmender regulatorischer Anforderungen und gesellschaftlicher Sensibilität gegenüber Korruption stellt die ISO 37001 Zertifizierung einen entscheidenden Baustein für nachhaltiges und vertrauensvolles Wirtschaften dar. Mit der Verabschiedung des Hinweisgeberschutzgesetzes am 2. Juli 2023¹ und verschärften Korruptionstatbeständen im deutschen Strafgesetzbuch² erhalten Unternehmen klare rechtliche Rahmenbedingungen für den Aufbau wirksamer Anti-Korruptionsmanagementsysteme.
Was ist ISO 37001 und warum wird sie zur Pflicht?
Die ISO 37001:2025³ ist der internationale Standard für Anti-Korruptionsmanagementsysteme (AKMS), der im Februar 2025 in seiner überarbeiteten Fassung veröffentlicht wurde. Diese Norm ersetzt den bisherigen Standard ISO 37001:2016 und führt wichtige Neuerungen ein, darunter verstärkte Anforderungen zur Compliance-Kultur und eine klarere Definition der Anti-Korruptionsfunktion.
Der Standard bietet Organisationen jeder Größe und Branche einen systematischen Rahmen zur Prävention, Erkennung und Bekämpfung von Bestechung und Korruption. Im Gegensatz zu reinen Compliance-Programmen fokussiert ISO 37001 auf die Etablierung einer nachhaltigen Integritätskultur, die weit über gesetzliche Mindestanforderungen hinausgeht.
Rechtliche Grundlagen in Deutschland
Das deutsche Korruptionsstrafrecht wurde in den vergangenen Jahren erheblich verschärft. Die relevanten Straftatbestände finden sich in den §§ 299 (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), 331-335 StGB (Vorteilsannahme und Bestechung)⁴. Besonders bedeutsam ist die Erweiterung des § 299 StGB um das sogenannte “Geschäftsherrenmodell”, wodurch bereits Pflichtverletzungen gegenüber dem Arbeitgeber ohne Wettbewerbsbezug strafbar werden.
Mit dem Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG)¹ sind Unternehmen ab 50 Mitarbeitern seit dem 2. Juli 2023 verpflichtet, interne Meldekanäle für Compliance-Verstöße einzurichten. Bei Nichteinhaltung drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro. Diese gesetzlichen Entwicklungen machen deutlich: Korruptionsprävention ist von einer freiwilligen Maßnahme zu einer rechtlichen Notwendigkeit geworden.
Die Kernelemente eines ISO 37001 Managementsystems
1. Risikobasierter Ansatz
Das Herzstück von ISO 37001 bildet die systematische Korruptionsrisikoanalyse. Unternehmen müssen Risiken in ihrer gesamten Wertschöpfungskette identifizieren, bewerten und durch angemessene Kontrollen adressieren. Dies umfasst sowohl interne Prozesse als auch Geschäftspartnerbeziehungen, insbesondere in Hochrisikobereichen wie internationalen Märkten oder stark regulierten Branchen.
2. Anti-Korruptions-Policy und Verfahren
Eine umfassende Anti-Korruptions-Richtlinie definiert klare Verhaltensgrundsätze und Grenzen für Geschenke, Einladungen und andere Zuwendungen. Die Policy muss regelmäßig überprüft, aktualisiert und allen Mitarbeitern sowie Geschäftspartnern kommuniziert werden. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Behandlung von Interessenkonflikten, die in der ISO 37001:2025 erstmals explizit adressiert werden.
3. Due Diligence und Geschäftspartnerprüfung
Die Norm fordert eine erweiterte Sorgfaltsprüfung (Enhanced Due Diligence) für alle Geschäftspartner mit erhöhtem Korruptionsrisiko. Bei Hochrisikofällen müssen sogar die Geschäftspartner der Geschäftspartner geprüft werden. Dieser mehrstufige Ansatz gewährleistet Transparenz entlang der gesamten Lieferkette und reduziert Haftungsrisiken erheblich.
4. Finanzielle und nicht-finanzielle Kontrollen
Ein robustes Kontrollsystem überwacht kritische Geschäftsprozesse und Transaktionen. Die überarbeitete ISO 37001:2025 erweitert die nicht-finanziellen Kontrollen explizit um den Bereich “Fusionen und Übernahmen”, wodurch M&A-Aktivitäten verstärkt in den Fokus der Korruptionsprävention rücken.
Messbare Vorteile einer ISO 37001 Zertifizierung
Rechtlicher Schutz und Strafmilderung
Eine ISO 37001 Zertifizierung kann im Strafverfahren als Nachweis der gebotenen Sorgfalt gewertet werden und zu einer erheblichen Strafmilderung führen. Unternehmen demonstrieren damit proaktive Compliance-Bemühungen, was bei der Bemessung von Bußgeldern und Sanktionen positiv berücksichtigt wird.
Marktchancen und Wettbewerbsvorteile
Zahlreiche internationale Ausschreibungen setzen inzwischen Anti-Korruptionszertifizierungen voraus. Besonders in sensiblen Branchen wie dem Baugewerbe kann der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen existenzgefährdend sein⁵. Eine ISO 37001 Zertifizierung öffnet daher neue Geschäftsmöglichkeiten und stärkt die Position im globalen Wettbewerb.
Vertrauensbildung bei Stakeholdern
In einer Zeit, in der Korruptionsskandale innerhalb weniger Stunden global verbreitet werden, bietet eine unabhängige Zertifizierung wertvollen Reputationsschutz. Investoren, Kunden und Geschäftspartner erkennen das Engagement für Integrität und Transparenz, was langfristige Geschäftsbeziehungen stärkt.
Aktuelle Entwicklungen: ISO 37001:2025
Die im Februar 2025 veröffentlichte Revision³ bringt wichtige Verbesserungen mit sich, die bestehende Zertifizierungen bis zum 28. Februar 2027 umgesetzt werden müssen. Die wesentlichen Neuerungen umfassen:
- Verstärkte Compliance-Kultur: Eigenes Kapitel zur Bedeutung der Anti-Korruptions-Kultur
- Interessenkonflikte: Explizite Anforderungen zur Identifikation und Behandlung
- Klimawandel-Aspekte: Integration von Klimaerwägungen gemäß IAF-Kommuniqué
- Harmonisierte Struktur: Anpassung an die neue Harmonized Structure (HS) für bessere Integration mit anderen ISO-Standards
- Erweiterte Schulungsanforderungen: Separate Anforderungen für Geschäftspartner-Trainings
Der Zertifizierungsprozess: Schritt für Schritt
Phase 1: Systemaufbau und Implementierung
Der Aufbau eines ISO 37001 konformen Managementsystems beginnt mit einer umfassenden Gap-Analyse zur Bewertung des aktuellen Compliance-Status. Anschließend werden die erforderlichen Richtlinien, Verfahren und Kontrollen entwickelt und implementiert. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Bestellung eines qualifizierten Compliance-Officers sowie der Etablierung geeigneter Meldekanäle.
Phase 2: Zweistufiges Zertifizierungsaudit
Das Zertifizierungsaudit erfolgt in zwei Stufen: Die Dokumentenprüfung (Stufe I) überprüft die formale Vollständigkeit des Managementsystems. Das anschließende Vor-Ort-Audit (Stufe II) bewertet die praktische Umsetzung und Wirksamkeit der Anti-Korruptions-Maßnahmen. Beide Audits können am selben Standort durchgeführt werden, wobei eventuelle Nichtkonformitäten mindestens zwei Monate nach dem Stufe II Audit korrigiert werden müssen.
Phase 3: Überwachung und kontinuierliche Verbesserung
Nach erfolgreicher Zertifizierung folgen jährliche Überwachungsaudits während der dreijährigen Zertifikatslaufzeit. Diese gewährleisten die kontinuierliche Wirksamkeit des Systems und treiben dessen Weiterentwicklung voran.
Integration mit anderen Managementsystemen
Die Harmonized Structure der ISO 37001:2025 ermöglicht eine nahtlose Integration mit anderen ISO-Managementsystemen. Besonders effektiv ist die Kombination mit:
- ISO 9001 (Qualitätsmanagement): Gemeinsame Prozesse für umfassende Governance
- ISO 14001 (Umweltmanagement): Integrierte Nachhaltigkeits- und Compliance-Ansätze
- ISO 27001 (Informationssicherheit): Ganzheitlicher Schutz von Daten und Geschäftsprozessen
- ISO 45001 (Arbeitsschutz): Umfassende Risikomanagement-Kultur
Diese Integration reduziert Dokumentationsaufwand, optimiert Auditprozesse und schafft Synergieeffekte in der Unternehmensführung.
Branchenspezifische Anforderungen und Besonderheiten
Baugewerbe und öffentliche Aufträge
Das Baugewerbe trägt ein besonders hohes Korruptionsrisiko, da hier häufig komplexe Vergabeverfahren, hohe Auftragssummen und enge Beziehungen zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern zusammentreffen. Eine ISO 37001 Zertifizierung wird zunehmend zur Voraussetzung für die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen⁵.
Internationale Geschäftstätigkeit
Unternehmen mit globaler Präsenz müssen verschiedene nationale Anti-Korruptions-Gesetze berücksichtigen, wie den UK Bribery Act oder den US Foreign Corrupt Practices Act. ISO 37001 bietet hier einen international anerkannten Rahmen, der lokale Compliance-Anforderungen integriert und einheitliche Standards gewährleistet.
Häufige Herausforderungen und Lösungsansätze
Kulturwandel und Mitarbeiterakzeptanz
Der Aufbau einer integren Unternehmenskultur erfordert mehr als nur Richtlinien und Kontrollen. Führungskräfte müssen als Vorbilder fungieren und eine offene Kommunikation fördern. Regelmäßige Schulungen und praxisnahe Fallstudien helfen dabei, Compliance-Anforderungen in den Arbeitsalltag zu integrieren.
Geschäftspartner-Management
Die Überprüfung und laufende Überwachung von Geschäftspartnern stellt besonders kleine und mittlere Unternehmen vor Herausforderungen. Digitale Due-Diligence-Plattformen und standardisierte Bewertungsprozesse können hier Abhilfe schaffen und gleichzeitig die Dokumentationspflichten erfüllen.
Whistleblowing und Meldekanäle
Das Hinweisgeberschutzgesetz¹ verpflichtet Unternehmen zur Einrichtung interner Meldekanäle. Diese müssen nicht nur technisch funktionsfähig sein, sondern auch das Vertrauen der Mitarbeiter gewinnen. Anonyme Meldemöglichkeiten, transparente Verfahren und der konsequente Schutz vor Repressalien sind dabei entscheidend.
Ihr strategischer Vorteil durch professionelle Begleitung
Die Implementierung eines ISO 37001 Anti-Korruptionsmanagementsystems ist eine strategische Investition in die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens. In einer Zeit verschärfter Gesetze, erhöhter Transparenzanforderungen und wachsender Stakeholder-Erwartungen bietet eine professionelle Zertifizierung nachhaltigen Schutz und Wettbewerbsvorteile.
ProIndustries GmbH begleitet Sie als erfahrener Partner durch den gesamten Zertifizierungsprozess. Unser Team aus zertifizierten Compliance-Experten und Auditoren entwickelt maßgeschneiderte Lösungen, die Ihre spezifischen Geschäftsrisiken adressieren und gleichzeitig praktikabel bleiben.
Unsere Leistungen für Ihr Anti-Korruptionsmanagementsystem:
- Korruptionsrisikoanalyse und Gap-Assessment
- Entwicklung von Anti-Korruptions-Richtlinien und Verfahren
- Aufbau von Due-Diligence-Prozessen für Geschäftspartner
- Implementierung von Hinweisgebersystemen gemäß HinSchG
- Mitarbeiterschulungen und Awareness-Programme
- Interne Audits zur Vorbereitung auf die Zertifizierung
- Begleitung beim Zertifizierungsprozess bis zum erfolgreichen Abschluss
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Quellenangaben:
¹ Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), Bundesgesetzblatt I 2023, Nr. 140, in Kraft seit 2. Juli 2023
² Strafgesetzbuch (StGB) §§ 299, 331-335, Korruptionstatbestände
³ ISO 37001:2025 “Anti-bribery management systems — Requirements with guidance for use”, International Organization for Standardization
⁴ Bundeskriminalamt (BKA), Korruptionsbekämpfung, verfügbar unter: bka.de
⁵ Zert-Bau GmbH, Antikorruptionsmanagement im Baugewerbe, 2025